Luftreinhaltung: Technische Maßnahmen

Luftreinhaltung: Technische Maßnahmen
Luftreinhaltung: Technische Maßnahmen
 
Bereits in der vorindustriellen Zeit wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Beeinträchtigung durch Luftverschmutzung zu mindern. Im Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit waren es Standortverlagerungen der Produktionsstätten unter Beachtung der Hauptwindrichtung, vereinzelt auch technische Vorrichtungen. Der vielleicht älteste Bericht stammt aus dem dritten Jahrtausend vor Christus und kommt aus Indien, wo Metall verarbeitende Werkstätten so angeordnet wurden, dass Rauch und Ruß nicht über die heiligen Tempel oder die Wohngebäude ziehen konnten.
 
Mit der Industrialisierung kam es zu Auseinandersetzungen um die anthropogenen Luftverschmutzungen. In Frankreich führten sie 1810 zum ersten nationalen Umweltschutzgesetz in Europa. Ab sofort musste eine behördliche Genehmigung zur Errichtung eines Betriebs eingeholt werden, wenn von ihm unangenehme oder ungesunde Dünste ausgingen. Von anfangs 68 stieg die Zahl der betroffenen Gewerbe bis 1845 schon auf 307. Dem französischen Vorbild folgten bald darauf andere Staaten, so auch Preußen mit seiner Allgemeinen Gewerbeordnung von 1845.
 
 
Emissionen bedeutsamer Luftschadstoffe aus technischen Anlagen bedürfen ebenso wie die Immissionssituation einer ständigen Überwachung. Nur so kann gewährleistet werden, dass auf Störfälle oder besondere Schadstoffkonzentrationen rechtzeitig reagiert, zumindest aber die Bevölkerung gewarnt werden kann.
 
Die Immissionsüberwachung konzentriert sich dabei auf anlagenbezogene Messungen, auf die Kontrolle in Belastungsgebieten sowie auf die überregionale Erfassung beispielsweise des grenzüberschreitenden Transports von Luftschadstoffen. In Belastungsgebieten wird die Luft sowohl durch Untersuchung einzelner Stichproben als auch kontinuierlich mit Messstationen überwacht. Diese Messstationen bilden zusammen ein Immissionsmessnetz. Die räumliche Verteilung der Immission für ein bestimmtes Gebiet wird in einem Immissionskataster grafisch dargestellt. Analog verzeichnet das Emissionskataster die wichtigsten Quellen, aus denen Luftschadstoffe in die Atmosphäre austreten.
 
 Umweltpolitische Maßnahmen
 
Für den politischen Rahmen der Luftreinhaltung ist das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) aus dem Jahr 1974 von herausgehobener Bedeutung. Dieses bundeseinheitliche Gesetz dient dem Ziel, den Schutz der Bevölkerung vor Luftverschmutzung und Lärm zu gewährleisten. Das Gesetz fordert Maßnahmen nach dem Stand der Technik — also die Nutzung moderner und wirtschaftlich zumutbarer Verfahren. Es schreibt Auflagen zur Emissionsbegrenzung aus technischen Prozessen, privaten Heizungsanlagen und Kraftfahrzeugen fest und regelt die Überwachung von Luftverunreinigungen und das Aufstellen von Luftreinhalteplänen. Über Durchführungsverordnungen sind spezielle Probleme wie etwa Feuerungs- und Verbrennungsanlagen, genehmigungsbedürftige Anlagen und die Störfallvorsorge angesprochen. Als allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz legt die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) Richtwerte für die Emission staub- und gasförmiger Schadstoffe und für Immissionen sowie die Verfahren zu deren Ermittlung fest. Im Mittelpunkt der TA Luft aus dem Jahr 1986, die praktisch den gesamten industriellen Bereich erfasst, steht die Sanierung von Altanlagen. Besonders bei giftigen und Krebs erzeugenden Stoffen sind die Anforderungen an die Abgasqualität gegenüber den Vorschriften aus dem Jahr 1974 deutlich gestiegen. In den neuen Bundesländern wurden diese Vorschriften schrittweise übernommen, gleichzeitig zahlreiche unrentable und stark luftverschmutzende Betriebe stillgelegt. Dadurch sind in den neuen Bundesländern die Emissionen sehr stark zurückgegangen: 1994 waren die Emissionen von Kohlendioxid 51,7 Prozent, von Schwefeldioxid 61 Prozent, von Kohlenmonoxid 53,7 Prozent und von Staub 81 Prozent niedriger als 1987. Ergänzt werden die gesetzlichen Regelungen durch zahlreiche Richtlinien und Normen des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI). Diese betreffen maximale Immissionswerte mit Wirkungskriterien sowie wirkungsbezogene Mess- und Erhebungsverfahren. Weiterhin behandeln sie die Ausbreitung luftfremder Stoffe in der Atmosphäre, die Begrenzung des Ausstoßes luftfremder Stoffe für konkrete Technologien, Analysen- und Messverfahren oder die Verfahren zur Abgasreinigung.
 
Der vorwiegend über ordnungsrechtliche und ökonomische Instrumente erreichte Stand der Luftreinhaltung in Deutschland wird auch international anerkannt, darf aber nicht den Blick auf die Verpflichtung der Industrieländer zu weiter greifenden Maßnahmen verstellen. Betrachtet man nur die weltweite Emission von Kohlendioxid, so entstehen mehr als vier Fünftel der Emissionen durch die Versorgung von nur knapp einem Fünftel der Menschheit. Vor diesem Hintergrund hat auch die Bundesregierung einen Beschluss zur Verminderung der Kohlendioxidemissionen gefasst. Danach soll, bezogen auf das Jahr 1987, der Kohlendioxidausstoß bis zum Jahr 2005 um 25 Prozent reduziert werden. Die Wirtschaftsverbände unterstützen dieses Vorhaben, wie schon beim vorzeitigen Ausstieg aus der FCKW-Produktion, durch freiwillige Selbstverpflichtungen. Für alle Treibhausgasemissionen ist aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen im gleichen Zeitraum eine Halbierung, bei Staub eine Minderung um rund 90 Prozent zu erwarten.
 
Dazu kommen noch übergeordnete Maßnahmen, die nicht nur auf die Luftreinhaltung bezogen sind. So gehören die Förderung der Forschungs- und Technologieentwicklung, Information und Beratung sowie Aus- und Fortbildung zum weiteren umweltpolitischen Maßnahmenkatalog. Auch das Umweltstrafrecht und steuerpolitische Maßnahmen schaffen politische Rahmenbedingungen; insbesondere die ökologische Steuerreform schafft Anreize dafür, Energie und Ressourcen sparsamer zu verwenden und damit auch die dabei anfallenden Emissionen zu reduzieren.
 
Die Tatsache, dass Luftschadstoffe und ihre Wirkungen vor Ländergrenzen keinen Halt machen, führte zwangsläufig dazu, auch im internationalen Rahmen Maßnahmen zur Reduzierung der Belastungen zu ergreifen. Für Europa stellt die Genfer Luftreinhaltungskonvention von 1979 die Grundlage zur Erfassung dieser Verunreinigungen und der Kontrolle der nationalen Maßnahmen dar. Import- und Exportbilanzen für Luftschadstoffe zeigen, dass aus Deutschland mit seiner zentralen Lage in Europa mehr Schadstoffe in das europäische Ausland transportiert werden als umgekehrt aus anderen Ländern in Deutschland eintreffen und sich niederschlagen. Dieser Überschuss geht hauptsächlich nach Skandinavien und Osteuropa sowie in die Nord- und Ostsee.
 
 Technische Maßnahmen zur Emissionsminderung
 
In der Vergangenheit versuchte man, die stofflichen Emissionen vor allem dadurch zu verringern, dass man die entstandenen Schadstoffe nachträglich abschied. Man schaltete dem Produktionsprozess also Abscheidesysteme nach. In der Umwelttechnik werden solche Verfahren allgemein unter dem Begriff »End-of-Pipe-Technologie« zusammengefasst. Diese additive Umweltschutztechnik ist auch heute notwendig und stellt ein wesentliches Element der Luftreinhaltung dar. Da, weltweit betrachtet, noch immer eine Vielzahl von Industrieanlagen völlig ohne oder mit veralteten beziehungsweise verschlissenen Anlagen dieser Art ausgerüstet sind, schafft hier eine einfache Nachrüstung schon eine erhebliche Senkung der Luftbelastung.
 
Dr. Klaus-Peter Meinicke
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Staubabscheider: Damit staubhaltige Luft sauber wird
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Luftverschmutzung und ihre Folgen
 
 
Bank, Matthias: Basiswissen Umwelttechnik. Wasser, Luft, Abfall, Lärm, Umweltrecht. Würzburg 31995.
 Baumbach, Günter: Luftreinhaltung. Entstehung, Ausbreitung und Wirkung von Luftverunreinigungen. Meßtechnik, Emissionsminderung und Vorschriften. Berlin u. a. 31994.
 Coenen, Reinhard u. a.: Integrierte Umwelttechnik - Chancen erkennen und nutzen. Berlin 1996.
 Förstner, Ulrich: Umweltschutztechnik. Eine Einführung. Berlin u. a. 51995.
 Fritsch, Bruno: Mensch - Umwelt - Wissen. Evolutionsgeschichtliche Aspekte des Umweltproblems. Zürich u. a. 41994.
 Fritz, Wolfgang / Kern, Heinz: Reinigung von Abgasen. Gesetzgebung zum Emissionsschutz, Maßnahmen zur Verhütung von Emissionen. Mechanische, thermische, chemische und biologische Verfahren der Abgasreinigung. Entschwefelung und Entstickung von Feuerungsabgasen. Physikalische Grundlagen, technische Realisierung. Würzburg 31992.
 
Handbuch des Umweltschutzes und der Umweltschutztechnik, herausgegeben von Heinz Brauer. Band 3: Additiver Umweltschutz. Behandlung von Abluft und Abgasen. Berlin u. a. 1996.
 Heintz, Andreas / Reinhardt, Guido A.: Chemie und Umwelt. Ein Studienbuch für Chemiker, Physiker, Biologen und Geologen. Braunschweig u. a. 41996.
 Klein, Volker / Werner, Christian: Fernmessung von Luftverunreinigungen mit Lasern und anderen spektroskopischen Verfahren. Berlin u. a. 1993.
 Kolar, Jörgen: Stickstoffoxide und Luftreinhaltung. Grundlagen, Emissionen, Transmission, Immissionen, Wirkungen. Berlin u. a. 1990.
 
Luftreinhalteplan. Untersuchungsgebiet 9, Großraum Halle-Merseburg, herausgegeben vom Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt. Band 2: Immissions- und Wirkungskataster. Magdeburg 1996.
 Schultes, Michael: Abgasreinigung. Verfahrensprinzipien, Berechnungsgrundlagen, Verfahrensvergleich. Berlin u. a. 1996.
 
Was Sie schon immer über Luftreinhaltung wissen wollten, Beiträge von Joachim Abshagen u. a. Bearbeitet von Volkhard Möcker u. a. Neuausgabe Stuttgart u. a. 1992.
 Schedler, Karl: Handbuch Umwelt. Technik - Recht. Luftreinhaltung, Abfallwirtschaft, Gewässerschutz, Lärmschutz, Umweltschutzbeauftragte, EG-Umweltrecht. Renningen 31994.

Universal-Lexikon. 2012.

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